In zellulären Systemen stellt die DNA im Zellkern den zentralen Datenspeicher für vielfältige Funktionen dar. Neben der reinen Sequenz von DNA-Molekülen spielt jedoch die dreidimensionale räumliche Organisation der Mikro- und Nanoarchitektur eine wichtig Rolle zur Steuerung des komplexen Systems Zelle. Darüber hinaus findet man in den DNA-Sequenzdaten charakteristische Muster, die nicht zufällige Ordnungsprinzipien erwarten lassen und die in der Evolution entlang phylogentischer Linien hochgradig konserviert erscheinen.
Zelluläre Daten, die im Zellkern gespeichert sind, führen zu komplexen Funktionskaskaden und Regulationszyklen auf der Ebene der zellulären Proteine. Diese Funktionszyklen spiegeln sich häufig in Signalmolekülen auf der Zellmembran wider, so dass zelluläre Systeme mit ihrer Umgebung sich austauschen können. Gene und Nukleotidsequenzen im Zellkern und Proteine und Rezeptoren auf der Zellmembran können somit als korrespondierende Punkte von komplexen Funktionskaskaden eines Zellsystems gesehen werden. Molekular chemisch oder physikalisch getriggerte Veränderungen auf der einen wie auf der anderen Seiten führen zur räumlichen Umordnungen und Umverpackungen der DNA bzw. der Rezeptoren und Proteine, deren Dynamik und Charakteristika mittels moderner Methoden der hochauflösenden Mikroskopie und Nanomarkierung erforscht werden können.
Die Arbeitsgruppe „Experimentelle Biophysik“ beschäftigte sich unter Berücksichtigung biomedizischer und medizinisch diagnostischer Fragestellungen und Anwendungen mittels Verwendung von Fluoreszenzmikroskopie und hochauflösender Lokalisationsmikroskopie mit Fragen der Organisation von Biomolekülen und Zellbestandteilen in zellulären Systemen. Die Arbeiten dienten neben der Grundlagenforschung auch der angewandten Forschung in den Gebieten der Strahlenbiophysik und Tumormedizin.
Zur Erforschung des Informationsgehalts des Zellkernchromatins werden DNA Datenbanken auf spezische Muster analysiert und verglichen. Aus diesen Daten werden einerseits grundlegende Erkenntnisse der Chromatinorganisation gewonnen, andereseits können aus diesen Datenbanken auch Sequenzen von spezifischen Nanomarkern für die Mikroskopie auf der Basis von Oligonukleotiden bestimmt werden.
Solche und andere molekulare Markierungsmethoden erlauben es, sehr genaue Untersuchungen zu Strukturen und Organisationsprinzipien in dreidimensional erhaltenen Zellen durchzuführen. Dazu werden Zellen nicht nur äußeren Stimuli, wie ionisierender Strahlung, molekularen Liganden oder therapeutischen Antikörpern, sondern auch insbesondere geometrisch-physikalischen Randbedingungen ausgesetzt, die es ermöglichen, gewebenahe Zellensembles zu imitieren.
Die Erforschung von intrinsischer Information, die in Zellen archiviert und prozessiert wird, führt in einem interdisziplinären Diskurs zwischen Natur- und Geisteswissenschaften zu prinzipiellen Untersuchungen zur Organisation und Nutzung von Archiven im erweiterten Sinn.
Darüber hinaus werden aus theoretischen Betrachungen heraus Bedingungen bestimmt und untersucht, die für eine Entwicklung von lebensrelevanten molekularen Vorausetzungen auch unter extremen Randbedingungen möglich sind.
Die Aktivitäten der Arbeitsgruppe sind in Heidelberg beendet. Wissenschaftliche Ziele werden an der TH Aschaffenburg (Prof. Hildenbrand in Kooperation Prof. Hausmann) weitergeführt. Dazu gehören insbesondere die Themen der Strahlenbiophysik, der Genomsequenzanalyse und der Astrobiophysik.