Robert Kirchhoff zählt zu den bedeutendsten Physikern seiner Zeit. Berühmt und viel besucht waren seine Vorlesungen zur experimentellen und theoretischen Physik. Sein physikalisches Werk ist sehr umfangreich, teilweise jedoch heute wenig bekannt. Aber dauerhaft mit seinem Namen verbunden sind seine Regeln für verzweigte Stromkreise, die Spektralanalyse, das Strahlungsgesetz und der schwarze Körper.
Königsberg 1824 - 1847
Gustav Robert Kirchhoff wurde am 12. März 1824 in Königsberg geboren. Er besuchte nach anfänglichem Privatunterricht dort das Kneiphöfische Gymnasium, an dem er Ostern 1842 das Abitur ablegte. Ab dem Sommersemester 1842 immatrikulierte er sich an der Universität für das Studium der Mathematik. Seine akademischen Lehrer waren die Mathematiker Jacob Jacobi (1804-51) und Friedrich Julius Richelot (1808-75) sowie der Physiker Franz Neumann (1798-1895), der als erster Vorlesungen über Theoretische Physik hielt. Stark beeindruckt von diesem wandte Kirchhoff sich bald ganz der Physik zu, und Neumann wurde für ihn zum Mentor. Sein Vorbild hat die wissenschaftliche Ausrichtung und Arbeitsweise Kirchhoffs dauerhaft geprägt.
Aus der Bearbeitung einer von Neumann gestellten Aufgabe über den Stromdurchgang durch eine Ebene entstand schon 1845 Kirchhoffs erste wissenschaftliche Publikation in den „Annalen der Physik und Chemie“. In einem Anhang zu dieser Arbeit stehen die heute nach ihm benannten Regeln für Stromkreise. 1846 bestimmte er in einer Preisaufgabe zum ersten Mal die Induktionskonstante μ0. Die Arbeit konnte er 1847 als Dissertation verwenden.
Berlin und Breslau 1847 - 1854
Nach der Promotion ging Kirchhoff auf Rat seiner Lehrer nach Berlin, wo er sich schon 1848 habilitieren konnte. Dort schloss er Freundschaft mit den beiden Physiologen Emil du Bois-Reymond und Hermann Helmholtz.
Seinen ersten Ruf als Extraordinarius an die Universität Breslau erhielt Kirchhoff 1850, wo er neben anderem die Vorlesung über Experimentalphysik zu halten hatte. 1851 kam Robert Wilhelm Bunsen nach Breslau, und damit begann eine lebenslange Freundschaft zwischen den beiden. Bunsen wechselte schon nach drei Semestern nach Heidelberg. Hier erreichte er, dass Kirchhoff 1854 auf die vakant gewordene Physikprofessur berufen wurde. Das war eine schnelle Karriere.
Heidelberg 1854 - 1874
Kirchhoff lebte 21 Jahre in Heidelberg. Hier verfasste er etwa zwei Drittel seiner Veröffentlichungen, begründete zusammen mit Bunsen die Spektralanalyse und kam im Zusammenhang damit zur Deutung der Fraunhoferschen Linien, zu seinem Strahlungsgesetz, zur Einführung des schwarzen Körpers, zu Untersuchungen des Sonnenspektrums und der Physik der Sonne.
Kirchhoff nahm seine Lehrverpflichtungen immer sehr ernst und erfüllte sie gewissenhaft. In Heidelberg hielt er in jedem Semester die Vorlesung über Experimentalphysik, und zwar täglich von 11 bis 12 Uhr. Dazu kamen im Wechsel zweimal wöchentlich Physikalische Übungen oder dreimal wöchentlich je eine Stunde eine Vorlesung Theoretische Physik.
In Heidelberg fand Kirchhoff neue Freunde, wie den Philosophen Eduard Zeller, den Zoologen Heinrich Alexander Pagenstecher und den Mathematiker Leo Königsberger. Am 16. August 1857 heiratete er Clara Richelot, die Tochter des Königsberger Mathematikers. Das Paar bekam fünf Kinder: Robert, Ernst, Pauline, Friedrich und Eveline. Frau Clara starb schon 1869. Im Dezember 1872 heiratete Kirchhoff Luise Brömmel.
Eine erste Beeinträchtigung seines Lebens erlitt Kirchhoff 1860, als er seine Augen bei den Arbeiten am Sonnenspektrum überanstrengte. Ein erster großer Schicksalsschlag traf ihn 1866; er verstauchte sich bei einem Sturz auf der Treppe einen Fuß, musste einige Zeit einen Rollstuhl benutzen und ging danach fünf Jahre an Krücken. Das Fußleiden ist er nie mehr ganz losgeworden.
Seine Heidelberger Zeit bezeichnet Kirchhoff dennoch als die glücklichste seines Lebens. Dreimal hat er einen Ruf abgelehnt, 1870 und 1872 an die Universitäten Berlin und Würzburg und 1874 als Direktor an das neu gegründete Astrophysikalische Institut in Potsdam. Ende 1874 entschloss er sich aber doch, einen Ruf auf eine hochdotierte Stellung an der Preußischen Akademie und als Ordinarius an der Universität in Berlin anzunehmen.
Berlin 1875 - 1887
Am 22. April 1875 übersiedelte Kirchhoff nach Berlin und begann schon am 28. mit den Vorlesungen. Aber die Umstellung auf das Leben in Berlin fiel schwer. Frau Luise trauerte Heidelberg sehr nach, und für Kirchhoff selbst war die Veränderung gewaltig. In Heidelberg hatte er Institut, Hörsaal und Wohnung in einem Haus, in Berlin war er weit von Universität und Akademie entfernt.
In Berlin führte Kirchhoff ein stilles, aber reichhaltiges Gelehrtenleben, so wie es von der Akademie gedacht war; seine Haupt- und Lieblingsbeschäftigung waren allerdings die Vorlesungen an der Universität, auf die er viel Mühe verwandte. Dabei entstand die erste Kursvor-lesung der Theoretischen Physik, aufgeteilt in vier Semester: Mathematische Optik, Theorie der Wärme, Theorie der Elektrizität und des Magnetismus, Mechanik fester und flüssiger Körper, die Kirchhoff ab dem Wintersemester 1875/76 regelmäßig hielt.
In Berlin schloss Kirchhoff neue Freundschaften mit Werner von Siemens und dem Industriellen Gustav Hansemann, der ein privates Labor besaß, und mit dem Kirchhoff gelegentlich zusammen experimentierte.
Neben seinen Verpflichtungen gegenüber der Akademie und der Universität hat Kirchhoff auch sonst am wissenschaftlichen Leben der Hauptstadt teilgenommen, so im Elektrotechnischen Verein, in der Physikalischen Gesellschaft und im Orden pour le merite.
Um 1880, obwohl erst 56 Jahre alt, begann Kirchhoff zu kränkeln. Im Sommersemester 1884 musste er seine Vorlesung auf dringenden Rat der Ärzte abbrechen. Im Wintersemester 1885/86 nahm er die Vorlesungen noch einmal unter großen Anstrengungen auf. Dann zeigten sich Schwindel und Fieberanfälle, deren Ursache in einem Gehirntumor vermutet wird. Er ertrug seine Leiden mit Geduld und Sanftmut. Am Morgen des 17. Oktober 1887 ist er nach einem Fieberanfall verstorben.
Seine Grabstätte auf dem St.-Matthäus-Friedhof existiert heute noch als Ehrengrab der Stadt Berlin.
Ueber den Durchgang eines elektrischen Stromes durch eine Ebene, insbesondere durch eine kreisförmige
entstand schon während seiner Studentenzeit aus der Bearbeitung einer Seminaraufgabe. Er berechnet darin den Verlauf der Äquipotentiallinien in einer solchen Ebene und prüft sein Ergebnis durch Messungen an einer kreisförmigen Kupferplatte.
Diese Messung ist in der Ausstellung in einem Knopfdruckexperiment nachgestellt. Auf einer kreisförmigen Kupferplatte in der von Kirchhoff verwendeten Größe sind die von ihm mittels Sonden ausgemessenen Äquipotentiallinien eingraviert. Die Sonden sind hier durch feste Anschlüsse ersetzt. Wie bei Kirchhof dient zur Spannungsmessung ein Multiplikator, ein Vorläufer der Galvanometer.
Auf Knopfdruck wird das Messinstrument zunächst zwischen zwei Potentiallinien geschaltet und die Nadel schlägt aus. Dann wird zwischen zwei Punkte auf einer Linie umgeschaltet, und die Nadel kehrt in ihre Ruhelage zurück.
Kirchhoffs Messergebnisse: 51 Messpunkte auf sieben Potentiallinien. Das Signet unseres Instituts ist aus dieser Zeichnung abgeleitet.
Spektralanalyse
Bunsen und Kirchhoff haben ab 1859 systematische Untersuchungen von Spektren vorgenommen und als erste sicher nachgewiesen, dass leuchtende Stoffe mittels der von ihnen emittierten Spektrallinien identifiziert werden können.
Der erste Spektralapparat von Kirchhoff und Bunsen, mit dem sie die Spektralanalyse begründet haben, war ein Provisorium aus zwei Fernrohren und einem drehbaren Prisma.
Das erste von Kirchhoff und Bunsen veröffentlichte Spektrum
Oben das Sonnenspektrum mit den Fraunhoferschen Linien, darunter die Spektren von Kalium, Natrium, Lithium,Strontium, Calcium und Barium.